Wie wir reagieren, wenn Populisten regieren

Der Beitrag von Cas Mudde im Überblick

Populismus
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Ob Italien, Österreich, Polen oder die Niederlande: In vielen Staaten Europas haben es rechte (oder auch linke) Populisten bis in die Regierung geschafft. Doch warum nimmt der Populismus in Europa so zu? Und wie können wir den Extremisten angemessen begegnen? Dazu forscht Cas Mudde, niederländischer Politikwissenschaftler an der University of Georgia in den USA – und sagt im Buch-Kapitel „Die Demokratie in unseren Händen“ im Interview: „Die Mehrheit von heute könnte die Minderheit von morgen sein.“

Der Grund für die Unterstützung der Populisten in unserer Gesellschaft ist das Fehlen einer offenen Debatte über Kriminalität, Einwanderung und europäische Integration.

Für Cas Mudde ist einer der Schlüssel zum Umgang mit Populisten: radikale Meinungsfreiheit. Populisten haben es in europäischen Gesellschaften und Medien leicht, Gehör zu finden. Sie greifen Ängste auf, finden auf komplexe Sachverhalte vermeintlich einfache Antworten und zeichnen ein Bild von „wir“ (da unten) und „die“ (die da oben, oder die Fremden), das viele Menschen emotional einsammelt. Sie bestimmen folglich zunehmend, welche Themen in der Zeitung stehen oder Politiker und Experten in den Talkshows diskutieren. Demgegenüber müssen aus Sicht von Cas Mudde auch die etablierten Parteien wieder ihre Lösungen für die Probleme unserer Zeit klarer kommunizieren.

Ein Baustein hierfür wäre zum Beispiel die offene Diskussion über tatsächliche Herausforderungen für unsere Gesellschaft: Einwanderung, europäische Integration und Kriminalität. Den Populisten diese Themen zu überlassen, ist gefährlich, sagt Mudde. Viele Bürger überschätzen zum Beispiel, wie viele Menschen tatsächlich einwandern, wie viele Menschen mit muslimischen Migrationshintergrund in Wahrheit in Europa leben oder wie falsch der Zusammenhang zwischen Einwanderung und Kriminalität ist, den Populisten gern ziehen. Hier die Menschen besonnen aufzuklären und verunsicherte Bevölkerungsschichten wieder für die Mitte zu vereinen, sieht Cas Mudde als Aufgabe der gemäßigten Parteien.

Das Problem ist mittlerweile allerdings, dass viele Menschen den etablierten Medien und Politikern „nicht mehr vertrauen. Daher ist es schwierig geworden, eine sachliche Diskussion zu führen, da wir zum Teil in ‚alternativen Realitäten’ leben.“ Zum Beispiel in sozialen Netzwerken, wo sich Gruppen in ihren Meinungen nur noch befeuern, statt offen für andere Meinungen zu sein.

Wie ließe sich das lösen? Sollte die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden? Was könnten Politiker tun, um die Entwicklung in die Extreme umzukehren? Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Italien – das viertgrößte Land der EU (nach seiner Einwohnerzahl) –derzeit von populistischen Parteien regiert wird und deren Entscheidungen wirtschaftliche Auswirkungen auf die gesamte Eurozone haben?

Die Antworten hierauf lesen Sie in voller Länge im Buch Weiter. Denken. Ordnen. Gestalten, das im September erschienen ist. Und demnächst hier im Podcast zum Thema Radikale Meinungsfreiheit mit Cas Mudde in unserer Podcast-Rubrik.

Die Mehrheit von heute könnte die Minderheit von morgen sein.
Cas Mudde
Cas Mudde

Cas Mudde ist ein niederländischer Politikwissenschaftler. Er forscht und lehrt derzeit an der University of Georgia in den USA über die Zunahme des Populismus und Extremismus. Er arbeitet außerdem für das Zentrum für Extremismus-Forschung an der University of Oslo.

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