Die Zukunft der Bildung gestalten

Die Alfred Herrhausen Gesellschaft gemeinsam mit Forever Day One

Die Zukunft der Bildung explorieren und gestalten

Die Alfred Herrhausen Gesellschaft gemeinsam mit Forever Day One

Schule der Zukunft
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Welche Kompetenzen brauchen unsere Kinder für die Herausforderungen von morgen? Und in welchem Umfeld könnten sie diese am besten erlernen? Das wollten die Alfred Herrhausen Gesellschaft gemeinsam mit Forever Day One in Erfahrung bringen und besuchte innovative Orte des Lernens in aller Welt. Denn eines scheint klar: unser jetziges, veraltetes Schulsystem kann nicht mehr die Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft geben.

Welche Kompetenzen brauchen unsere Kinder für die Herausforderungen von morgen? Und welche Schulform könnte sie ihnen am besten beibringen?

Gesellschaft und Arbeitskontexte befinden sich – vor allem getrieben durch die zwei Megatrends Globalisierung und Digitalisierung – in einem rasanten Wandel. Thesen über ein neues Maschinenzeitalter stacheln Debatten über eine veränderte Erwerbsgesellschaft an. Dies bringt letztlich auch andere Anforderungen an die Bildungslandschaft mit sich. Die Geschwindigkeit des Wandels, von technologischen Innovationen bis hin zur globalen Vernetzung, steht im starken Gegensatz zu der Geschwindigkeit des Wandels im Bildungssystem.

Seit der Einführung des preußischen Systems im 18. Jahrhundert hat sich unser Bildungssystem im Kern kaum weiterentwickelt. Etablierte Bildungsinstitutionen reagieren gerade in Deutschland sehr langsam auf die Veränderung. Das Bildungssystem ist immer noch überwiegend hierarchisch aufgebaut. Kinder werden zu passiven Wissensträgern mit geringem Gestaltungspotential ausgebildet. Unterrichtseinheiten sind zumeist statisch und frontal organisiert. Lehrer sind meist keine Experten aus dem Feld, sondern Theoretiker, die für die Vermittlung von Wissen und entsprechende Notenvergaben zuständig sind. Für mutige Ansätze, neue Denkanstöße und innovative Gestaltung bleibt in der Regel wenig Raum und Zeit.

Doch kreatives Lernen, das zum eigenständigen und lösungsorientierten Denken anregt, kann eine Alternative sein. Und genau hier öffnet sich die Tür zu einem attraktiven, zukunftsgewandten Bildungssystem, befinden Marlen Klaws und Finn Köhler von Forever Day One. „Wir glauben, dass man sich jeden Tag auf neue Veränderungen einlassen muss, um eine wünschenswerte Zukunft gestalten zu können“, erklären Klaws und Köhler den Namen der Unternehmung. In Zusammenarbeit mit der Alfred Herrhausen Gesellschaft haben sie ein Jahr lang die Welt bereist und 20 Bildungseinrichtungen und -experten besucht, die für innovative Entwicklungen stehen. Darunter waren öffentliche Schulen, Universitäten und Privatschulen – aber auch alternative Lernformate wie „Unschooling“ (Lernen ohne Schule) oder „Worldschooling“ (Lernen auf Reisen). Die Reise führte über Nachbarländer wie Dänemark, Frankreich oder die Schweiz weiter nach Italien und Spanien – bis in die USA.

Wir sehen einen Ansatzpunkt darin, neue Orte für die Bildung der Zukunft außerhalb des Systems zu schaffen, die einen Wandel des Gesamtsystems inspirieren können.
Finn Köhler und Marlen Klaws

Startpunkt der Exploration war die Neugierde herauszufinden, was diese wegweisenden Leuchtturmprojekte so vorbildlich macht, die zum Teil von der UNESCO prämiert, oder vom Expertennetzwerk weiterempfohlen worden sind. Und sich dann die entscheidende Frage zu stellen, ob sich diese „Insellösungen“ tatsächlich auf ein allgemeines Bildungssystem für breite Bevölkerungsschichten übertragen lassen.

Fünf Handlungsfelder für die Schule der Zukunft

Zurück in Deutschland haben Klaws und Köhler aus diesem Wissensschatz in der Kombination mit Studien fünf Handlungsfelder für Veränderungen im Bildungssektor erarbeitet. Sie benannten die wichtigen „Stellschrauben“, um tatsächlich nachhaltige Veränderungen bewirken zu können. Diese könnten die nächsten Schüler-Generationen befähigen, für die Herausforderungen einer ungewissen Zukunft vorbereitet zu sein, die zum Beispiel durch die Mega-Trends Globalisierung und Digitalisierung, aber auch eine veränderte Erwerbsgesellschaft geprägt wird.

Das alles erfordert von jungen Menschen die stärkere Ausprägung von Fähigkeiten wie beispielsweise eine schnelle Anpassungsgabe, das kollaborative Lösen von Problemen und kritische Reflexion. „Ein großer Teil der Verantwortung, relevante Fähigkeiten zu fördern und die Menschen zu befähigen mit dem Wandel umzugehen, liegt im Bildungssektor“, stellen Marlen Klaws und Finn Köhler fest – und benennen hierfür fünf konkrete und drängende Handlungsfelder:

1) Innovative Bildung für alle statt Insellösungen: Es gibt zahlreiche Vorreiter und alternative Bildungsansätze, sowie moderne Schulen rund um den Globus: Diese Projekte schaffen neue Lernräume und wenden moderne Methoden, sowie alternative pädagogische Konzepte an. Sie bleiben allerdings häufig Inseln der Innovation und somit Eliten vorbehalten – außerhalb der Blase findet kaum Veränderung statt und ist teilweise auch nicht erwünscht. Synergieeffekte bleiben oft ungenutzt; die Initiativen sind kaum untereinander vernetzt.

2) Eine veränderte Ausbildung der Lehrkräfte und Schulleiter: Das Innovationspotenzial von Schulen hängt oft an dem Engagement Einzelner; das Gelingen von Initiativen an der Unterstützung von Schulleitung, Lehrkörper, Eltern und Schülerschaft. Lehrer benötigen folglich andere Weiterbildungsmöglichkeiten, damit sie ihre pädagogischen Konzepte an wichtige Zukunftsthemen, wie etwa die Digitalisierung, anpassen können. Das könnten nicht nur neu aufgestellte Bildungsmessen oder Workshops sein, sondern auch exemplarische Lernräume, die neues Lernen erfahrbar machen. „Wir sehen einen Ansatzpunkt darin, neue Orte für die Bildung der Zukunft außerhalb des Systems zu schaffen, die einen Wandel des Gesamtsystems inspirieren können“, sagen Klaws und Köhler.

3) Ein verändertes Klassenzimmer: Das Klassenzimmer mit seinen klassischen Tischreihen muss sich zur holistischen Lernlandschaft wandeln. Hierfür reicht es bei weitem nicht aus, die Tafel durch das Smartboard zu ersetzen. Kinder benötigen offene Lernräume, um know-how statt know-what, sowie Fähigkeiten wie Kreativität, Kommunikation und Teamarbeit zu fördern. Sie brauchen Freiräume, Wahlmöglichkeiten und Rückzugsorte.

4) Ein stärkerer Fokus auf neue Fähigkeiten: Neue Herausforderungen bedürfen neuer Fähigkeiten. Es geht darum, die Alleinstellungsmerkmale von Menschen gegenüber Maschinen zu erkennen und auszubauen, um Gestaltungspotential zu behalten. „Ein weiterer systemischer Ansatzpunkt liegt in einem veränderten Curriculum. Menschliche Fähigkeiten wie Kreativität, Sinnstiftung und Empathie sollten verstärkt gefördert und in jede Lernerfahrung eingewoben werden“, sagen die Bildungs(er-)forscher.

5) Ein neuer Ansatz für den Abschluss: Noch immer entscheidet vorrangig der Notendurchschnitt über Studien- und Ausbildungsplatz und damit zu großen Teilen über die Zukunft von Schülerinnen und Schülern. Der zentrale Fokus auf Noten erschafft allerdings ein System des Drucks, Vergleichs- und damit des Konkurrenzkampfes. Im Gegensatz dazu müsste die Lust am kollaborativen Lernen und Arbeiten, sowie die Begeisterung für Themen gefördert werden. Denn das lebenslange Lernen ist in unserer heutigen Gesellschaft bereits eine der wichtigsten Kompetenzen, um sich in der zukünftigen Arbeitswelt und Gesellschaft entfalten zu können. Als Alternative schlagen die Bildungsforscher vor, stärker soziale Fähigkeiten und Umsetzungskraft in Projekten zu testen und ein Portfolio aufzubauen, anstatt standardisiertes Wissen in Tests zu erfassen.

Es bestehen also vielfältige Möglichkeiten, die Zukunft des Lernens neu zu gestalten. Durch eine breit angelegte innovative Bildung, neue Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte, Experimentier- und Erfahrungsräume und Alternativen zum gängigen Benotungssystem werden künftige Generationen noch besser zum Erlernen neuer Fähigkeiten befähigt. So wird das Bildungssystem flexibler. Sprich: Es entstehen Möglichkeiten, die Grundlagen zu schaffen, die unsere Kinder und Kindeskinder für zukünftige Herausforderungen bestens wappnen sollten.

 

Mit Material von Finn Köhler und Marlen Klaws